Sonntag, 20. Mai 2007

Katori-Jinja Iai-Do fuer die Goetter

Iai-Do wird zumeist nur als die auf das Ziehen und Wegstecken des Schwertes reduzierte stilisierte Form des Schwertkampfes beschrieben, was nicht ganz richtig ist. Die Kanji fuer "I-Ai" sind nur schwer zu uebersetzen, sinngemaess bedeutet "I-Ai" aber "immer wachsam sein und zu jedem Zeitpunkt blitzschnell das Richtige tun". So ist insbesondere das Mugai-Ryu ( die Schule, der ich angehoere ) einst von einem beruehmten Moench und Schwertlehrer als Selbstverteidigungsform des Schwertkampfes entwickelt worden. Defensiv aber fuer das schnelle und sofortige Toeten des Angreifers ausgelegt. Die Effektivitaet liegt im Ueberraschungsmoment. So lange das Schwert noch nicht gezueckt ist, ist es fuer den Angreifer unmoeglich, die Bewegungsabfolge zu erraten. Mugai-Ryu sieht dabei zuweilen deutlich weniger spektakulaer aus als andere Stilrichtungen aber der Sinn dieser Technik liegt genau darin. Einfache Bewegungen und "kurze Wege" um jeden Preis. Waehrend des Ziehens des Schwertes keine Angriffsflaeche bieten und das Timing muss stimmen ( was fuer Anfaenger, zu denen ich natuerlich auch gehoere, sehr schwierig ist ). Sieht wie gesagt nicht immer spektakulaer aus aber es macht selten Sinn, vor dem Angreifer erst drei Piruetten zu drehen, weil dieser dann entsprechend reagieren kann.
Und schwieriger als es aussieht ist es allemal. Nur die hoeheren Dan-Traeger erreichen tatsaechlich eine Perfektion in Bewegung, Timing und Geschwindigkeit des Schlages ( bzw. eher Schnittes oder wie beim Katana eben eine schwierig auszufuehrende Kombination aus beidem ). Iai-Do ist also mehr als nur koerperliche Ertuechtigung im Sinne einer Sportart ( obwohl insbesondere die Katas aus dem Samurai-Sitz heraus echt hart sind ). Es ist wie die meisten anderen asiatischen Kampfsportarten eine Philosophie ( Bushido, der Weg des Samurai ). Konzentration, die Faehigkeit, Geduld aufzubringen, Entspannung, Disziplin und nicht zuletzt eine positive, auf das Wohl der Allgemeinheit ausgerichtete Lebenseinstellung, die den Samurai nach japanische Vorstellung auszeichnet. Dies sind die Elemente, die Iai-Do heute noch populaer machen, auch wenn die Zeiten lange vorbei sind, in denen man sich mit einem Schwert verteidigen musste.

Hinzu kommt aber auch noch ein religioeser Aspekt. Nach der Lehre des Shinto ( der hier meistverbreitsten ur-japanischen Religion ) gibt es unendlich viele Goetter, die in jedem Gegenstand aber auch abstrakten Konstrukten ( wie z.B. Liebe ) innewohnen. Im Grunde nicht viel anders als unsere christliche Religion, die an die Allgegenwaertigkeit Gottes glaubt, jedoch mit dem Unterschied, dass die einzelnen Elemente der uns umgebenden Welt eben verschiedenen Goettern zugeschrieben wird. Eine im uebrigen sehr tolerante Religion, die keine Glaubensvorschriften oder eine Bibel kennt und die durchaus Platz fuer andere Denkweisen hat ( so heiraten die Japaner am liebsten christlich und Beerdigungen werden immer nach budhistischer Zeremonie abgehalten ). Die Shinto-Priester haben auch keine Glatze ( wie die budhistischen Moenche ), sehen ganz normal aus und gehen einem ganz normalen Leben nach.

Zurueck zum Iai-Do und endlich zu dem Ausflug, von dem ich eigentlich berichten wollte. Da dem japanischen Schwert ( dem Katana ) natuerlich auch ein Gott innewohnt, haben wir uns am Samstag zum ziemlich ausserhalb von Tokyo gelegenen Katori-Jinja-Schrein aufgemacht um ein paar Uebungen zu Ehren der Goetter vorzufuehren. Ein bedeutendes Ritual, dass eben den oben beschiebenen religioesen Aspekt des Iai-Do und Ken-Jutsu wiederspiegelt.
Der Schrein wunderschoen in einem Wald gelegen und die Atmosphaere ist erhaben aber locker.


Ich musste mir extra weisse Socken ( sogenannte Tabi ) kaufen, die hier in Japan schwierig in meiner Groesse zu bekommen sind.


Vor den Uebungen geht es aber ab ins Innere des Schreins, wo wir und unsere Schwerter gesegnet werden. Gaensehaut-Feeling ... ein Priester schlaegt die Trommel, ein anderer murmelt irgendwelche Gebete und Gesaenge vor sich hin ... und Schmerzen ... laenger als 10 Minuten im Samurai-Sitz bewegungslos auf hartem Boden sitzen treibt Europaeern ( aber auch einigen Japanern, die diese Art des Sitzens heute auch nicht mehr gewoehnt sind ) echt die Traenen in die Augen.


So sind die Fuesse beim Aufstehen natuerlich eingeschlafen und es erfordert einige Selbstbeherrschung, den heiligen Ort in wuerdevoller Haltung wieder zu verlassen ;-)

Aber nun geht es los. Die erste Gruppe bereitet sich vor und betritt den Platz vor dem Schrein.


Ausgerichtet wird sich immer zum Zentrum des Schreins ...


... und ich bereite mich auch langsam vor. War nicht wirklich mein Tag, weil ich leider in der Woche vor dem grossen Ereignis nicht zum Training konnte um die Performance mit den anderen einzuueben und am Tag selbst hatte ich grosse Muehe, die Erklaerungen kurz vo der Uebung in Japanisch zu verstehen. Hab mich also nicht ganz wohl in meiner Haut gefuehlt, aber ich dachte mir, die Goetter werden es mir wohl verzeihen. Hier ist sie jedenfalls ... meine Huldigung an die Goetter.



Und hier die Iai-Do und Ken-Jutsu-Performance meines Meisters ( 5.Dan ) zusammen mit einem anderen weiblichen Lehrer ( 4.Dan ) und einiger meiner Mit-Samurai. Zu meiner Entaeuschung keine der wirklich schwierigen Katas ( die unser Meister natuerlich auch perfekt beherrscht ) aber so ist er nun mal ... japanische Bescheidenheit ... man rennt nicht in den Tempel um vor den Goettern anzugeben.



Das letzte Posing und dann geht es weiter ...


... zum Mittagessen in einem wirklich guten japanischen Restaurant und etwas Sightseeing steht auch auf dem Programm. Eine Sake-Brauerei in einer alten Stadt mit Haeusern aus der Edo-Zeit.


Ein schoener Tag, alle gut drauf und eine tolle Erfahrung. Vielleicht ergaenze ich spaeter noch ein paar Bilder, wenn ich noch ein paar coole von den Anderen bekomme. Zunaechst schliesse ich diesen Post jedoch mit einem der wenigen Bilder, die ich von unserem anonsten ein wenig photo-scheuen Meister Sekido schiessen konnte ... ein wirklich sehr sympatischer Mann.

Donnerstag, 17. Mai 2007

MINX

Ich erinnere mich noch gut daran, dass mich meine Japanisch-Lehrerin in Deutschland gefragt hat, ob ich schon mal in Japan beim Friseur war und ich mit einem erstaunten "Warum ?" geantwortet habe. Nun, inzwischen war ich hier schon einige Male beim Friseur und es ist in der Tat ein Erlebnis. Nicht unbedingt der 1000 Yen-Friseur, den es hier auch gibt aber wenn bereit ist, etwas mehr anzulegen, ist es schon etwas anders als in Deutschland.
Mein Weg fuehrte mich nach Harajuku, dem Jugend-Viertel hier in Tokyo. Der Einheitsschnitt fuer japanische Geschaeftsleute sollte es nicht unbedingt sein und daher fiel die Entscheidung auf MINX, den In-Laden fuer Haarmoden hier. Nicht ganz billig aber ich dachte mir, sie koennten sich der Herausforderung stellen, einem Gaijin sein lockiges und widerborstiges Haupthaar zu baendigen.
Nun, ein wenig wie "was will der alte Sack denn hier ?" haben sie mich schon angeschaut aber sodann wurden mir aber auch schon zuvorkommend die Sachen abgenommen und ich nahm auf einem der Haarschneidesessel Platz. Wild gestikulierend versuchte ich meine Wuensche verstaendlich zu machen, denn der junge japanische Friseur verstand absolut kein Wort Englisch. Seinem nachdenklichen Gesicht nach zu urteilen, hatte er aber offensichtlich schon einen Plan.
Bevor die Scheren geschwungen wurden, wurde ich aber zunaechst zum Haarewaschen gebeten ... oder besser gesagt dem, was man hier unter "Haare waschen" versteht, denn DAS ist sicherlich das eigentliche Erlebnis bei einem Friseur in Japan. Fast 20 Minuten schamponieren in drei Gaengen, Gesichts- und Nackenmassage ... wow ... lohnt sich in der Tat schon allein dafuer zum Friseur zu gehen. Voellig entspannt habe ich mich danach in den Schneidesessel zurueckgelehnt und der Meister hat sein Werk begonnen. Nicht so wie in Italien, wo der Majestro wild um einen herumtanzt und virtuos die Klingen schwingt ... mehr verhaltener aber mit ernsthafter Akribie. Hier noch einen Millimeter und dort noch einen Millimeter und in aller Bescheidenheit wagt man schliesslich zu fragen, ob es denn so recht ist. Ja ... ist es ... und ab geht es wieder in den Schamponiersessel, die Haare werden nochmals gewaschen, mit was auch immer fuer einem Zeugs behandelt und evtl. Restschnipsel werden mit einem warmen feuchten Tuch feinsaeuberlich vom Gesicht entfernt. Perfektion fuer den verwoehnten japanischen Kunden ... und eine Ueberraschung fuer mich. Letzter Check des Meisters, noch etwas Wachs ins Haar und ab geht's zur Kasse. Trinkgeld ist natuerlich, wie ueberall in Japan, nicht ueblich und so fuehlt man sich fast ein wenig beschaemt, wenn man zur Tuer begleitet und mit einer tiefen Verbeugung verabschiedet wird. Perfekter Service ... den man fuer die fast 40 Euro fuer den Edelhaarschnitt vielleicht auch erwarten kann ... den man bei einem Friseur um die Ecke aber auch fuer die Haelfte bekommt. Jedenfalls ein Erlebnis und man ist versucht, sich den Luxus erneut zu goennen.