Montag, 13. August 2007

Sommer in Tokyo

Habe lange nichts mehr geschrieben, was nicht daran liegt, dass nichts passiert ist, eher einfach zu viel und man kommt hinterher einfach nicht mehr nach.
Inzwischen ist es richtig Sommer in Japan. Mein erster hier und obwohl die Japaner immer stoehnen, kann ich ihn richtig geniessen. Von Mai bis November kann man die Jacke getrost im Schrank haengen lassen und die Temperaturen steigen von der "Goldenen Woche" im Mai bis zum August kontinuierlich an, so dass sich der Koerper eigentlich ganz gut daran gewoehnen kann. Selbst die Regenzeit im Juli ist eigentlich ein Witz und es regnet selbst dann definitiv weniger als im deutschen Sommer. Dennoch hoert man hier jeden Tag tausend mal ein leidenschaftliches "Atsuiiiiii", was so viel wie "heiss" bedeutet. In Tokyo ist es vielleicht waermer als auf dem Lande aber daran sind die Japaner auch nicht ganz unschuldig. Billionen an Klimaanlagen in Autos, Bueros und Privathaeusern blasen Tag und Nacht warme Luft nach draussen, die in den engen Strassen kaum entweichen kann. So werden im Grunde nur Gigawatt an Strom verschwendet um die Stadt nochmehr aufzuheizen ... aber ... darueber kann man hier selbst mit Ingenieuren oder andern naturwissenschaftlich vorgebildeten Japanern nicht diskutieren. Die Klimaanlage ist des Asiaten ( nicht nur des Japaners ) liebstes Kind und echte Kuehlschranktemperaturen in Bussen, Bahnen, Kaufhaeusern, Bueros und Restaurants stellen den Luxus dar, auf den man hier nicht verzichten moechte, wohingegen wir Nord-Europaer die letzten Euro fuer einen Urlaub im Sueden zusammenkratzen um endlich mal 3 Wochen am Stueck im T-Shirt rumlaufen zu koennen ohne zu frieren. So ist wahrscheinlich schon die Einstellung zum Sommer verschieden und hinzukommt, dass man sich hier beruflich auch im Sommer nicht von seinem dunklen Anzug trennt, weil es als Hoeflichkeit gegenueber dem Kunden gilt, die Tortur auf sich zu nehmen, damit auch die Mittagshitze zu ertragen. So fluechten die meisten den ganzen Tag von einer klimatisierten Zone in die naechste und weil sich der Koerper nie an die Waerme gewoehnen kann, bricht man auf den paar Metern, die man unklimatisiert zuruecklegen muss, natuerlich in Schweiss aus. Was ich dennoch immer wieder erstaunlich finde ... es fehlt hier gaenzlich der sommer-typische Schweissgeruch ... selbst in der ueberfuellten Bahn und wenn den Businessmen hier in ihren "Plastikhemden" die Klamotten am Leibe kleben.

Ich ziehe aber grundsaetzlich eine eher natuerliche Art vor, mich abzukuehlen ... zum Beispiel einen Besuch am Strand.


Enoshima und Kamakura sind dahingehend die Naherholungsgebiete von Tokyo und man braucht etwa eine Stunde vom Zentrum Tokyos mit der Bahn.


Der Sand in Enoshima ist dunkel ( weil vulkanischen Ursprungs ), was aber nicht davon abhalten muss, sich im Wasser zu erfrischen.


Vor allem junge Leute zieht es an den Strand und eine Vielzahl an Strandbuden vermieten Liegen, Sonnenschirme oder bieten Getraenke, Essen und auch Schatten an, in dem man sich bei einem Bierchen von der Sonne erholen kann.


Beach-Life mit Surfern und Banana-Boot-Verleih und wenn man nicht so aufs Gedraenge und die aus den Strandboxen schallenden J-Pop steht, gibt es auch genuegend Bereiche, in denen man relativ einsam am Strand liegen kann. Japaner lieben das Gedraenge ( obwohl sie immer behaupten, dass sie es hassen ) und so knubbelt sich alles im Bereich der Strandbuden und der Rest vom Strand ist leer. Waere aber auch unzumutbar, evtl. 50 oder 100 Meter bis zum naechsten Getraenkeautomaten oder bis zur naechsten Toilette zu laufen ;-))) In der Hinsicht sind die Japaner so aehnlich wie die Italiener, die sich am Strand auch nicht mehr als 10 Meter vom naechsten Espresso entfernt plazieren.


Bei der Jugend geht der Trend auch weg vom sich ewig vor der Sonne schuetzenden Japaner, der sich auch ( oder gerade ) im Sommer langaermlich mit Handschuhen und Bibbi nur unter einem Sonnenschirm bewegt um seine weisse Hautfarbe zu erhalten. Die Jugend ist braun gebrannt ... "karada o yaku" ... den Koeprer braten, wie man auf Japanisch sagt ... und das kommt dem Ergebnis ziemlich nahe. Die Haare blond gefaerbt, bis zur Unkenntlichkeit geschminkt, so praesentiert sich ein Teil der naechsten Generation, Maennlein wie Weiblein ... und wenn es auch manchmal seltsam anmutet, so bietet sich im allgemeinen doch ein eher aesthetischeres Bild als an vielen europaeischen Straenden ;-)))


Geht die Sonne unter, leert sich der Strand und dann ist es eigentlich am schoensten. Noch richtig warm aber angenehm und man kann den Tag in Ruhe ausklingen lassen.


Ansonsten ist der Sommer auch die Zeit der Feuerwerke und "Matsuri" ( Feste ). Das Feuerwerk am Sumidagawa-Fluss ist das groesste in Tokyo und zweitgroesste Japans aber ich muss sagen, dass dem die Koelner Lichter um nichts nachsteht, was aber auch daran liegen mag, dass wir nicht besonders viel sehen konnten. Eine Million Besucher und die hohen Haeuser in diesem Bereich bieten nicht besonders viel Sicht oder manche sind halt schon 2 Tage vorher zu den wenigen guten Plaetzen gepilgert und haben versucht, diese frei zu halten ... aber so wichtig war es mir dann nun doch nicht, zumal auch alles im Fernsehen uebertragen wurde. Dabei sein ist halt alles und ich wollte halt einfach ein wenig die Stimmung erleben. Naechstes Wochenende will ich aber zum Tamagawa-River-Feuerwerk hier in der Naehe und hoffe dann, auch ein paar schoene Bilder machen zu koennen.

Das Tanabata-Festival erinnert an eine alte Legende, der zur Folge ein bestimmtes Liebespaar dazu verdammt ist, sich nur einmal im Jahr als Sterne am Himmel treffen zu duerfen.


Bunte Faehnchen werden ueberall in der Stadt aufgehaengt und symbolisieren die Wuensche der Menschen, die an diesem Tag in Erfuellung gehen moegen.


Wie zu allen Matsuris gehen auch viele im traditionellen Sommer-Kimono, dem Yukata oder die Jungs ziehen sich einen Jimbei an, ein kuehles und sehr praktisches Kleidungsstueck im Sommer ... und man stellt sichauch gern vor der Kamera in Pose, wie die netten Maedels hier.


Und ... manchmal findet man auch deutsche Spuren, wie z.B. eine deutsche Baeckerei, die ich durch Zufall auf dem Festival entdeckt habe ... das war mir dann doch ein Photo wert.


Schoen war auch das "Mizukake"-Festival in Monzen-Nakacho.


Nur alle paar Jahre wird der tonnenschwere "grosse Schrein" durch die Gegend getragen ...


... aber dieses Jahr war es nur eine abgespeckte Version, die unter "Washoi"-Rufen rumgeschleppt wurde, wobei die Traeger traditionell mit Wasser bespritzt werden ... was bei den sommerlichen Temperaturen nicht unbedingt unangenehm ist ;-)))



Und hier das ganze nochmal in einem kleinen Filmchen:



Immer wieder schoen ist halt die bereits beschriebene "Matsuri-Stimmung", die ich versucht habe, auf dem Bild hier ein bisschen einzufangen.


Einen schoenen Schnappschuss hab ich aber noch ... ein Japaner hat sich ein recht originelles Stativ fuer seine Kamera gebaut ... Erfindergeist trifft Hightech ;-)))


Was natuerlich nicht fehlen darf, ist das Essen, was in Japan immer im Mittelpunkt von allem steht. Nach dem Festival sind wir daher in einem der urigen "Downtown-Izakayas" eingekehrt ... riesige Muscheln und anderes Meeresgetier am Tisch gegrillt, Sashimi ( roher geschnittener Fisch ) Salat und ein eiskaltes Bier vom Fass ... so laesst es sich leben !!!


Interessehalber habe ich letztes Wochenende auch die japanische Version des CSD ( Christopher Street Day ) hier in Tokyo angeschaut.


Viel kleiner als in Koeln und auch wesentlich verhaltener. Waehrend der CSD in Koeln alljaehrlich zu einer Art Sommerkarneval avanciert, an dem auch nicht nur Schwule und Lesben teilnehmen, geht man mit dem Thema in Japan noch sehr zurueckhaltend um. Nur wenige werfen sich in schrille Kostueme aber ein paar schoene Sachen locken schon fuer die Kamera.










Teilweise war es schon ein kleiner Vorgeschmack auf den in 2 Wochen bevorstehenden Asakusa-Samba-Karneval, den ich mir natuerlich auch nicht entgehen lassen moechte.


Die "Heteros" waren naturgemaess in der Minderheit obwohl das Motto der Veranstaltung auch solche mit eben etwas phantasievolleren Neigungen mit eingeschlossen hat. Gesehen habe ich aber nur diese Verteter, obwohl Japan im Grunde bekannt fuer Fetische aller Art ist ... nur, man zeigt diese ( im Grunde wie bei uns auch ) noch weniger in der Oeffentlichkeit als schwul oder lesbisch zu sein.


Bemerkenswert im Sommer ist auch die Geraeuschkulisse. Wie man sich vorstellen kann, gehoert Tokyo nicht unbedingt zu den leisesten Orten auf dieser Welt ... aber im Sommer gesellt sich ein neues, interessantes Geraeusch dazu ... das Zirpen der Zikaden. Die Fiecher machen einen unglaublichen Laerm und obwohl ( oder vielleicht gerade weil ) Tokyo ja nicht unbedingt mit Natur uebersaeht ist, gibt jeder Strauch oder Baum, dem man sich naehert, ein Konzert wieder, dass alles andere drum herum in den Schatten stellt.
Die Japaner moegen die Zikaden, den stellen aehnlich wie die Kirschbluete ein Symbol fuer die Vergaenglichkeit dar. Drei Jahre "schlafen" diese Tiere in der Erde um fuer 7 Tage zum Leben zu erwachen ... dann hat man natuerlich auch das Recht, nicht unbedingt leise zu sein ;-)))
Zum Thema "Sommer-Sound" in Tokyo wollte ich auch auf jeden Fall auch mal eine der sogenannten "Indi-Bands" hier aufnehmen, die besonders am Wochenende ueberall in Harajuku und um den Yoyogi-Park herum ihre Strassenkonzerte geben. Manche sind gar nicht so schlecht und hier kommen 2 Songs der Amateur-Gruppe "Loovee" ... mit den Zikaden im Hintergrund, die es ( was man vielleicht auf der schlechten You-Tube-Aufnahme nicht so hoeren kann ) durchaus mit den Verstaerkern der Band aufnehmen koennen.


5 Kommentare:

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